Was ist eigentlich...

...bürgerschaftliches Engagement?


Als Bundeskanzlerin Angela Merkel im Spätsommer 2015, die Tore nicht vor den geflüchteten Menschen in Not verschloss und verkündete: „Wir schaffen das“, war Anna Hölzel klar, dass sie sich engagieren will. Seither ist die ehemalige Lehrerin im Sprachunterricht für Geflüchtete bei der FreiwilligenAgentur Dingolfing-Landau aktiv.

Zum Glück ist sie mit ihrer Einstellung, dass jeder mitanpacken muss, nicht allein. Allein in Bayern engagieren sich über fünf Millionen Menschen ehrenamtlich. Die "Woche des Engagements" soll jedes Jahr im September der Anerkennung dieser Leistungen dienen. Wir nutzen diesen Anlass jährlich, um mit unserer Aktion "Seitenwechsel" auf die Bedeutung des bürgerschaftlichen Engagements aufmerksam zu machen. COVID 19 hat uns allerdings dieses Jahr Umsetzung erschwert. Deshalb haben wir uns entschieden, stattdessen einige Freiwillige und Ihre Tätigkeiten in kurzen Portraits vorzustellen. So möchten wir zeigen, wie jeder Einzelne sich einbringen kann und warum es sich lohnt, ein Ehrenamt anzunehmen. Auch die Bürgermeister einiger Kommunen sprachen den Engagierten ihre Anerkennung aus. So auch Armin Grassinger, 1. Bürgermeister von Dingolfing, dessen Zitat das Portrait von Deutschlehrerin Anna Hölzel begleitet.

„Als ehemalige Englischlehrerin hatte ich einen Vorteil, da ich weiß, wie man Fremdsprachen unterrichtet. Der Unterschied zu Deutsch war also nicht groß.“ So übernahm sie deshalb gleich von Anfang an einen eigenen Kurs.

Doch dieser Kurs stellte sie durchaus vor einige Herausforderungen. Denn ihre Schülerinnen und Schüler besaßen Sprachkenntnisse auf völlig unterschiedlichen Niveaus. „In diesem Kurs waren neben einem Analphabeten, einer leicht Lernbehinderten, mehrere junge Männer mit einer Ausbildung, die sich leicht lernten, auch zwei ältere Männer, die sich schwer lernten und zwei Überflieger, die rasend schnell lernten - alles dabei.“, so Hölzel.

Aufgeben kam nie in Frage für Anna Hölzel und so blieb sie beharrlich. Und ihr Einsatz zahlte sich aus: immer mehr ihrer Schüler meisterten den Test für den Vollzeitkurs an der Volkshochschule. Eine schönere Belohnung gibt es kaum für einen engagierten Lehrer.

Auch als Post von der Universität kam und einige Flüchtlinge zu Interviews geladen wurden, half Anna Hölzel: „Die Aufregung vor den Interviews war sehr groß, da konnte ich beruhigen und aufbauen.“

Und das mit Erfolg! Zwei Ihrer Schützlinge erhielten Studienplätze an der LMU bzw. an der TU in München.

Angespornt von diesen ermutigenden Erlebnissen übernahm die ehemalige Lehrerin etwa zwei Jahre später erneut einen Kurs. In „Mama lernt Deutsch“ unterrichtet Frau Hölzel mehrere Rumäninnen und bringt ihnen die deutsche Sprache bei. 

Ihre Begeisterung für dieses Ehrenamt erklärt sie so: „Da ich aus ökologischen Gründen nicht gern Fernreisen unternehme, bereichert es mich sehr, dass Menschen aus so verschiedenen Kulturen zu mir kommen. Ich lerne dabei so viel.“ Dann zählt sie auf, aus welchen Ländern und Regionen ihre Schützlinge stammen: neben Polen, Albanien, Russland und den USA unterrichtete sie außerdem bereits Menschen aus Palästina, Vietnam, Syrien, Libyen und dem Irak.

„Es ist ein Geben und Nehmen. Ich versuche Ihnen etwas von unserer Sprache und Kultur zu geben und sie geben mir etwas von ihrer. So habe ich viel über ihre Kulturen, aber auch über unsere und mich selbst kennengelernt.“

Sobald die Entwicklung der Corona-Pandemie es zulässt, will sie ihr Engagement im nächsten Schuljahr auf jeden Fall gerne wieder anpacken.  „Und vielleicht geht es vielen anderen Menschen ja genauso.“.

Sie legt es jedem Menschen ans Herz, sich ehrenamtlich zu engagieren: „Menschen sind sehr unterschiedlich und haben vielfältige Motivationen. Doch das ist gut so. Jeder kann so ein für ihn oder sie passendes Engagement mit tollen Menschen finden. Wenn man anderen helfen kann und auch selbst etwas dabei gewinnt, und sei es nur eine neue Erfahrung, dann ist es das definitiv wert.“

Die Bereitschaft der Bürger zum freiwilligen Einsatz ist ein Grundpfeiler der Demokratie.
Das Wirken in den unterschiedlichsten Bereichen erfordert jedoch viel Zeit, Energie und Wissen.

Deshalb verdienen es Ehrenamtliche,
die viel für andere und das Gemeinwohl tun,
gewürdigt zu werden.

Ein hohes Maß an Anerkennung ist auch denjenigen auszusprechen,
die gerade während der Pandemie-Zeit nicht nur an sich selbst denken,
sondern für ihre Mitmenschen einsetzen und diese unterstützen.

Es geht um das Wohl aller und dem gemeinsam zu schaffenden Wohle,
weshalb eine Danksagung im Namen aller Bürger erfolgt.

 

Armin Grassinger, 1. Bürgermeister der Stadt Dingolfing

 

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